[Rezension] Die Achenthal-Saga (2): Helden der Stille – Izabelle Jardin
Titel: Helden der Stille
Reihe: Die Achenthal-Saga; Band 2
Autorin: Izabelle Jardin
Verlag: Tinte & Feder
Erscheinungsjahr: 2023
Einband: Taschenbuch, eBook
Seitenanzahl: 350
Meine Wertung: 5 Federn
Klappentext:
Um ihre Familie zu retten, folgt Elise von Achenthal ihrer Pflicht und heiratet den Londoner Fabrikantensohn Fletcher Cunningham. Die Hochzeitsreise führt sie über den Atlantik zu Plantagen im Süden der USA, wo Elise die Schrecken der Sklaverei aus erster Hand miterlebt. Doch Fletcher sieht in der Ausbeutung von Sklaven und Arbeitern nur seinen Vorteil.
Und damit nicht genug: Um die schwangere Elise zu »schonen«, kauft er sich eine junge Sklavin und nimmt sie zu seinem Vergnügen mit nach England. Um seine Frau kümmert er sich kaum noch. Eine unerträgliche Situation für die gradlinige Elise, die sich umso mehr nach ihrer großen Liebe Konrad von Radenau und ihrer Heimat Schlesien sehnt …
Rezension:
Band 2 hat mich von der ersten Seite an gefesselt. Elise ist einem ja nun in Band 1 so ans Herz gewachsen und ich habe von der ersten Seite an mit ihr gelitten. Es zerreißt einem das Herz, was Elise für das Schicksal der Weber auf sich nimmt.Unerwartet taucht der Patriarch des Achenthalschen Anwesens, Theodor von Achenthal wieder auf. Da bleibt einem zunächst erstmal das Herz stehen, denn aus Band 1 kennen wir ihn kaum, und wenn dann nur als herzlosen alten Mann, dem das Leben seiner Weber Herzich egal ist.
Schnell stellt sich heraus, dass wir uns in Theodor getäuscht haben. Er brauchte zwar ein bisschen länger Zeit, um zu begreifen, dass für die Weber etwas getan werden muss, aber dann ist er mit vollem Herzen dabei. Wenn man sich Elises Eltern und ihren Großvater anschaut, dann geht einem wirklich das Herz auf. Zumindest darum muss sich Elise keine Sorgen machen, als sie Fletcher nach England folgt.
Schon auf der Überfahrt stellen sowohl Elise, als auch der Leser fest, dass Fletcher nicht ganz der Mann ist, der er vorgegeben hat, zu sein. Spätestens in Amerika zeigt er dann sein wahres Gesicht. Die Sklaven sind keine Menschen, sie haben aus seiner Sicht keinen Verstand. Es schmerzt Elise unendlich, mit ansehen zu müssen, wie in Amerika auf den Plantagen, von denen auf die schlesischen Weber ihre Baumwolle beziehen, mit den Menschen umgegangen wird. Elise fällt es unglaublich schwer, sich zurück zu halten. Ihre Meinung nicht, wie sie es aus Schlesien gewohnt war, frei zu äußern. Sie findet in ihrem Ehemann keinerlei Unterstützung. Im Gegenteil. Für Fletcher sind die Sklaven lediglich Material, das es zu verbrauchen gilt. Wichtig ist, dass mit den Sklavinnen immer neue Kinder gezeugt werden, damit der Nachschub nicht abreißt. Gefangen in dieser lieblosen Ehe hatte ich zwischendurch das Gefühl, dass Elise nur noch ein Schatten ihrer Selbst ist. Ich selbst war so unglaublich wütend auf Fletcher.
Aber, Elise wäre nicht Elise, wenn sie nicht einen Weg finden würde, auch im steigen England etwas für die Schwächeren der Gesellschaft zu tun. Verbündet findet sie auch hier, wenn auch nicht so viele, wie in ihrer Heimat Schlesien. Mutig beschreitet sie ihren Weg. Mir ging as Herz auf, wie sie sich für die Sklavin, die Fletcher sich als Gespielin aus Amerika mitgebracht hatte, einsetzt. Ich weiß nicht, ob viele Frauen so stark gewesen wären, denn schließlich ist Salvinia auch eine Nebenbuhlerin, auch wenn sie absolut nichts dafür kann. Ihre Verbündeten finden sich in diesem Buch in allen Gesellschaftsschichten. Ihre Zofe Jane, die Haushälterin Edna und Beatrice, ein Mädchen aus der gehobeneren Gesellschaft. Beatrice war mir von der ersten Minute an sympathisch. Gerade einmal 16 Jahre alt, ist sie schon extrem weit für ihr Alter. Sie weiß zwar, dass sie als Mädchen derzeit nicht viel bewirken kann. Dies geben die Konventionen einfach nicht her, aber sie bereitet sich vor. Sie beliest sich und bildet sich eine Meinung, damit sie, wenn sie etwas älter ist, Dinge zum Positiven verändern kann. Die Möglichkeit, sich einzusetzen, kommt dann allerdings schneller, als sie es selbst wohl gedacht hätte.
Die Geschichte ist noch spannender, als der erste Band. Es geht in diesem Band weniger um die Weber in Schlesien, als die Sklaven in Amerika und vor allem das Leben der Frauen im 19. Jahrhundert in England. Fletcher macht Elise schnell klar, dass sie nicht viel wert ist und ihre Meinung und politischen Ansichten nicht erwünscht sind. Elise kommt ihrer Schwiegermutter Julia nach und nach etwas näher, aber auch diese ist in den Konventionen ihrer Zeit gefangen. Der Schreibstil von Izabelle Jardin bleibt sich treu und ich hatte richtig das Gefühl, dass ich Elise vor meinem inneren Auge sehen konnte.
Auch Band 2 ist in sich abgeschlossen, aber endet so, dass man total neugierig ist, wie es weiter geht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es nicht noch zu einem Showdown zwischen Fletcher und Elise kommen wird, ja kommen muss.
Ich vergebe gerne 5 Federn und bin sehr gespannt auf den dritten Band „Zeit der Winterrose“, auf den wir aber noch bis Dezember 2023 warten müssen.
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Meine Rezension zu Band 1 findest du hier:
Zwischen zwei Welten