[Rezension] Ich habe den Todesengel überlebt – Eva Mozes Kor und Lisa Rojany Buccieri
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Titel: Ich habe den Todesengel überlebt
Reihe: Einzelband
Autorin: Eva Mozes Kor und Lisa Rojany Buccieri
Verlag: cbj
Erscheinungsjahr: 2012
Einband: Taschenbuch
Seitenanzahl: 224
Meine Wertung: 4 Federn
Klappentext:
Eva Mozes Kor ist zehn Jahre alt, als sie mit ihrer Familie nach Auschwitz verschleppt wird. Während die Eltern und zwei ältere Geschwister in den Gaskammern umkommen, geraten Eva und ihre Zwillingsschwester Miriam in die Hände des KZ-Arztes Mengele, der grausame »Experimente« an den Mädchen durchführt. Für Eva und ihre Schwester beginnt ein täglicher Überlebenskampf …
Die wahre Geschichte einer Frau mit einem unbezwingbaren Überlebenswillen und dem Mut, die schlimmsten Taten zu vergeben.
Rezension:
Ich bewundere Eva Mozes Kor nach der Lektüre dieses Buches zutiefst. Sie hat geschafft, was sicher nicht viele Menschen im Leben bei weitaus geringeren Dingen, die ihnen angetan wurden, schaffen: Sie hat ihren Peinigern vergeben und dadurch selbst Vergebung gefunden. Das kostet sehr viel Kraft und ist extrem stark.
Das Buch ist ab 12 Jahren empfohlen und die Autorin hat, in Zusammenarbeit mit ihrer Co-Autorin und dem Verlag, sehr viel Wert darauf gelegt, ihre Erlebnisse in altersgerechter Sprache zu erzählen. Sie schafft es, die Schrecken, denen sie und ihre Schwester Miriam ausgesetzt waren zu erzählen, ohne die jungen Leser, für die das Buch gedacht ist, zu überfordern.
Der Schreibstil ist relativ emotionsarm, aber die Geschichte verliert dadurch nichts von ihrem Schrecken. Zwei 10-jährige Kinder, auf sich allein gestellt, versuchen nach ihren Möglichkeiten im KZ Auschwitz-Birkenau zu überleben. Eine Aufgabe, vor die kein Mensch und schon gar kein Kind gestellt werden sollte. Immer wieder schaffen es die Mädchen, sich gegenseitig am Leben zu halten, wobei Eva definitiv die stärkere der beiden Schwestern ist. So wie ich sie und ihre Schwester Miriam auf den rund 200 Seiten kennengelernt habe, glaube ich nicht, dass Miriam es allein geschafft hätte.
Für ein 10-jähriges Mädchen ist Eva unglaublich klug und stark. Man kann sich kaum vorstellen, wie es in ihrem Inneren ausgesehen haben muss, als sie von einem Tag auf den anderen erwachsen werden und die Verantwortung für ihre Zwillingsschwester übernehmen musste. Die kleinen Mädchen durften nicht in einer behüteten Welt, sondern in einer Welt voller Gräueltaten, in der jeder Tag auch durchaus der letzte Tag hätte sein können, aufwachsen. Dass die Mädchen daran nicht zerbrochen sind, grenzt für mich fast an ein Wunder.
Wenn man die Geschichte von Eva und Miriam liest, fragt man sich unwillkürlich immer wieder: Wie kann es sein, dass Menschen, die heute leben, die wissen, was damals passiert ist, auch wenn die Zeitzeugen langsam immer weniger werden, so etwas ernsthaft wieder wollen? Umso wichtiger ist es, dass die Zeitzeugen uns und unseren Nachfahren ihre Geschichten aufgeschrieben haben. Die Vergangenheit darf nicht in Vergessenheit geraten, aber leider hat man derzeit das Gefühl, dass sie es tut.
Von mir bekommt dieses Buch 4 Federn. Ich finde das Werk sehr wichtig gegen das Vergessen, meine aber, dass ich als Jugendliche eindrucksvollere Bücher zu diesem Thema gelesen habe. Ich nenne hier mal stellvertretend „Im Vorhof der Hölle“ von Carlo Ross oder auch „Damals war es Friedrich“ von Hans Peter Richter, deren Lektüre ich euch empfehlen möchte.
Weitere Rezensionen findet ihr bei:
Bianka´s Bücherkiste – 5 Sterne
Stephis Bücher Blog – 5 Sterne
Puh, es gibt ja kaum ein schlimmeres Thema, als wenn Kinder (oder Erwachsene im Rückblick auf ihre Kindheit) von Gräueltaten erzählen, die ihnen passiert sind. In diesen Fällen bin ich für eine emotionsarme Erzählweise immer sehr dankbar, denn die Fakten sind schon schlimm genug. Meinen Respekt dafür, dass auf eine altersgerechte Art und Weise erzählt wird. Schließlich ist das ein Thema, mit dem man sich schon als Jugendlicher beschäftigen kann und auch muss. Wir sind ja auf dem besten Wege in die Richtung, die wir auf keinen Fall wieder einschlagen sollten und in der solche schrecklichen Dinge am Ende dieser Entwicklung stehen können.
LG Gabi
Hallo Gabi,
ja, ich kann dir nur zustimmen. Wir sind auf einem schlimmen Weg und ich bin derzeit ehrlich gesagt schon ziemlich pessimistisch, was unsere Zukunft angeht. Ob das rezensieren der Bücher, die sich mit diesem schrecklichen Zeitalter befassen, eine kleinen Beitrag leistet, wage ich zu bezweifeln, aber irgendwie ist es gefühlt das Einzige, was ich außer wählen zu gehen, tun kann.
LG
Yvonne
Hallo Yvonne,
ich kann Dein Gefühl der Hilflosigkeit der aktuellen Entwicklung gegenüber sehr gut verstehen, denn so geht es mir auch immer öfter. Ich versuche es positiv zu sehen, dass es was bringt, wenn man bestimmte Bücher bespricht und sie ein bisschen mehr in den Vordergrund schiebt, wenn man in den Social Media diskutiert, Petitionen unterstützt etc. Auch wenn das nur kleine Gesten sind, helfen sie doch mit, ein allgemeines Bild in der Öffentlichkeit zu schaffen, dass gewisse rechtsradikale Bewegungen eben nicht „für das Volk“ sprechen, denn für mich und Dich spechen sie schon mal nicht.
LG Gabi
Das hast du wirklich sehr schön und treffend gesagt.
LG
Yvonne