[Rezension] Jahrhundertzeugen – Tim Pröse
Titel: Jahrhundertzeugen – Die Botschaft der letzten Helden gegen Hitler
Reihe: Einzelband
Autor: Tim Pröse
Verlag: Heyne
Erscheinungsjahr: 2016
Einband: Hardcover mit Schutzumschlag
Seitenanzahl: 320
Meine Wertung: 5 Federn
Klappentext:
Der Leser wird mitgenommen auf einen bewegenden Besuch bei Ewald-Heinrich von Kleist, der Hitler töten sollte, er lernt Wilm Hosenfeld, den Held aus „Der Pianist“, und seinen Sohn kennen und erlebt die Letzte, die auf Schindlers Liste stand. Es gibt außerdem ein interessantes Interview mit Anne Franks Cousin Buddy Elias und man kann nachlesen, wie sich Hans Rosenthal vor dem Holocaust in einem Schrebergarten versteckte. Allesamt sind dies wichtige Jahrhundertzeugen, die von ihren Schicksalen erzählen und gegen das Vergessen kämpfen. Es sind Menschen, die zu Helden wurden und uns an ein Stück Zeitgeschichte erinnern, das sich um keinen Preis wiederholen darf. Diese Menschen sollten auch in den heutigen unsicheren Zeiten als Vorbild dienen. Man kann staunen über ergreifende und wahre Berichte und über beeindruckende Lebenswege. Das macht Mut für Themen wie Flucht und Vertreibung, die aktueller sind denn je.
Rezension:
Jahrhundertzeugen ist ein Buch, das ich nicht einfach so mal schnell runterlesen konnte. Man muss die 18 Geschichten langsam lesen, sie auf sich wirken lassen. Das verflixte dabei ist, dass sie dann noch mehr ihr Grauen entfalten. Ich muss gestehen, dass ich an einigen Geschichten schwer zu knabbern hatte. Dennoch: Dieses Buch muss von vielen Menschen gelesen werden!
Tim Pröse schreibt unheimlich sensibel über die Geschichten von Anne Frank, Kurt K. Keller, Hand Rosenthal, Sophie Scholl und vielen anderen.
Ich habe den größten Respekt vor den Menschen, die in diesem Buch zu Wort kommen. Einige sind inzwischen verstorben. Sie waren wirkliche Helden, aber das interessante ist, dass sie alle, sich selbst nicht als Helden sehen und auch nicht so bezeichnet werden wollen. Berthold Beitz sagte z. B. „Die Leute wollen mich zum Helden machen. Aber ich war keiner. Ich bin ein Mensch gewesen.“ (S. 45). Also, ganz ehrlich. Wer sich mutig an den Bahnsteig stellt und der SS die jüdischen Menschen quasi entreißt, um diese bei sich in der Fabrik zu beschäftigen und ggfls. zu verstecken. Der darf durchaus als Held bezeichnet werden. Nicht viele hatten und hätten den Mut dazu. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich diesen Mut nicht aufbringen würde. Was aber auch immer wieder durchdringt ist, dass einige von ihnen Angst hatten. Angst zu versagen, Angst vor Repressalien, Angst vor dem Tod. Und genau das macht sie in meinen Augen noch mutiger. Denn, die Angst um das eigene Leben für das Leben von Tausenden zu überwinden… wenn das nicht Mut ist, dann weiß ich auch nicht.
Tim Pröse schafft es immer wieder, den Bogen von einem zum nächsten Interview zu schlagen. Es kommen die Widerstandskämpfer und die Holocoust-Überlebenden selbst zu Wort, oft berichten aber auch Freunde oder Verwandte, der bereits verstorbenen Widerstandskämpfer. Sei es die Schwester von Sophie Scholl oder der Sohn und die Enkelin von Wilm Hosenfeld. Ich muss gestehen, dass mir viele der Namen bis zu diesem Buch nichts sagten, aber, jede der hier interviewten oder porträtierten Personen hat seine ganz eigene, sehr spannende Geschichte.
Ich kann gar nicht so viel über dieses Buch sagen, außer, dass ihr es unbedingt lesen müsst. Hier geht es wirklich um Menschen, die sich mutig für andere Menschen eingesetzt haben, die in Zeiten absoluter Unmenschlichkeit ihre eigene Menschlichkeit nicht nur nicht vergessen, sondern ausgelebt haben. Dabei fand ich sehr spannend, dass bei Weitem nicht alle von Anfang an Widerstandskämpfer waren, sondern teilweise sogar jubelnd mit in den Krieg gezogen sind. Ihnen allen ist aber wieder gemeinsam, dass ihnen nach und nach die Augen geöffnet wurden und sie den Drehpunkt gefunden haben.
Ewald-Heinricht von Kleist sagte gegenüber Tim Pröse: „Man muss immer das Richtige tun. Mehr kann man ja nicht.“ (S.142) Ich denke, dass wir alle genau wissen, wie schwierig es ist, immer das Richtige zu tun. Diesen Satz sollten wir alle uns also ganz groß einrahmen. So einfach gesagt, so schwer umzusetzen und doch so essentiell wichtig.
Mich persönlich hat am meisten die Geschichte von Georg Elser beeindruckt. Ein einfacher Handwerker, der den Mut aufgebracht hat, eine Bombe zu bauen und diese in Bürgerbräukeller zu platzieren. Er zeigt, dass auch der Einzelne, der kleine Mann, den Mut aufbringen kann, die Welt zu verändern. Auch, wenn es ihm knapp nicht gelungen ist, so verdient er größten Respekt.
Ich war erstaunt darüber, wie oft versucht wurde Hitler zu töten und wie oft es nur um wenige Augenblicke nicht geklappt hat und muss gestehen, dass mir das bisher gar nicht so bewusst war.
Ich kann euch dieses Buch nur wärmstens ans Herz legen. Gerade in der heutigen Zeit wird es wieder enorm wichtig genau diese Geschichte nicht vergessen zu lassen. Wir steuern im Moment auf Zeiten zu, die mich besorgt machen, die mir Angst machen und ich denke, dass es extrem wichtig ist, dass wir uns alle vor Augen führen, dass so etwas nie wieder passieren darf. Wir alle müssen uns ein Beispiel an diesen Menschen nehmen. Nicht wegschauen, den Mund aufmachen, dafür sorgen, dass wir auch weiter in einem demokratischen Land leben dürfen. Eine schwere Aufgabe!
Von mir gibt es verdiente 5 Federn für ein Zeitdokument, das sehr einfühlsam, aber mit genügend professionellem Abstand von Tim Pröse verfasst wurde.
Hallo Yvonne,
schon nach dem Lesen des Klappentextes dachte ich, dass das ein Buch für mich ist. Nachdem ich nun auch deine sehr eindringliche und gute Rezension gelesen habe, möchte ich das Buch auch gerne lesen.
Das man es nicht in einem Rutsch durchlesen kann, kann ich mir gut vorstellen. Dafür ist das Thema wirklich zu heftig.
Liebe Grüße,
Julia
Hallo Julia,
das freut mich sehr, dass ich dich auf das Buch neugierig machen konnte. Das ist genau das, was ich gehofft habe.
LG
Yvonne
Hi Yvonne,
eine schöne Rezension! Die Geschichten dieser Menschen sollten nicht vergessen werden und ich hoffe, dass noch viele sie lesen. Das Buch ist auch direkt auf meiner Leseliste gelandet.
Liebe Grüße
Anka
Hallo Anka,
das freut mich sehr! Das ist genau das, was ich gehofft habe.
LG
Yvonne
Hallo Yvonne,
eine sehr bewegende und ausführliche Rezie. Ich werde mir den Titel merken.
Viele Grüße und ein schönes Wochenende, Elke.
Hallo Elke,
das freut mich, dass du dir den Titel auch merkst. Ich freue mich so, wenn ich das Buch einigen Lesern ans Herz legen kann.
LG
Yvonne
Hey Yvonne
da habe ich ja was feines bei Dir entdeckt und meine Liste wächst zur Zeit sehr maßlos. Aber das hier reizt mich sehr.
Habe das sonst noch nirgends gesehen was mich echt wundert da die Thematik genau meine ist.
Toll deine Rezension!
Liebe Grüße
Kerstin
Guten Morgen, liebe Kerstin,
das freut mich, dass ich dich auf das Buch neugierig machen konnte. Das war der Plan, deswegen habe ich mir auch so eine alte Rezension nochmal wieder für das #litnetzwerk ausgesucht. Ich möchte, dass das Buch viele Menschen lesen.
Hab einen schönen Sonntag
LG
Yvonne
Liebe Yvonne,
vielen vielen Dank für diesen wundervollen Buchtipp! Ich mach dieses Jahr bei der Wider das Vergessen Challenge von lesefreude.at mit und da passt das Buch perfekt. Denn ich finde auch, dass gerade bei allem, was in den letzten Monaten/Jahren wieder so passiert, unbeingt keiner Vergessen darf, was damals passiert ist udn was nie wieder passieren darf! Ich bin schon sehr gespannt auf das Buch!
glg Franzi
Hallo Franzi,
ich hoffe, dass ich noch viele Menschen auf dieses Buch aufmerksam machen kann. Gerade jetzt ist es so wichtig, dass es nicht in Vergessenheit gerät.
Ich bin gespannt, was du zu dem Buch sagst.
LG
Yvonne
Das klingt nach einem ganz großen und wichtigen Buch, in dem offenbar viel Menschlichkeit steckt. In jeder Form: Trauer, Angst, Mut.
Das steht nun auf meiner Leseliste. Sehr überzeugende Rezension.
Danke, liebe Cathy! Das war der Plan, möglichst viele Menschen davon überzeugen, dass sie dieses Buch lesen müssen. Ich bin davon überzeugt, dass das Buch gut und wichtig ist.
LG
Yvonne
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